Studierende Hamburg: Zwischen Studium und Muttersein im Wohnheim
Zwischen Studium und Muttersein im „Krachmacherhaus“
Ein Wohnheim nur fur Mutter – das betreibt das Studierendenwerk in einem herrschaftlichen Altbau in Rothenburg. Wie es sich dort lebt.
Hamburg. Die helle Grunderzeitfassade ist geschmuckt mit kunstvollen Stuckornamenten, die hohen Fenster von Saulen eingerahmt. Auch das Treppenhaus mit dem schonen Gelander und die hohen Decken zeigen: Das hier war einst ein hochherrschaftliches Mehrfamilienhaus. Heute wohnen in dem 1876 errichteten Gebaude an der Bornstra?e junge Studentinnen, die neben dem Studium noch eine weitere Herausforderung zu bewaltigen haben: Sie haben kleine Kinder, und die meisten von ihnen sind alleinerziehend.
Genau zu diesem Zweck hatte 1945 die damalige Eigentumerin das Haus an die Universitat Hamburg vererbt. Doch die bot es zunachst auf dem freien Wohnungsmarkt an. Erst 1971 wurde das Haus – nach jahrelangem Bemuhen des Akademikerinnenbunds Hamburgs – seiner testamentarischen Bestimmung zugefuhrt und von der Uni an Studentinnen vermietet. Mittlerweile werden Mietvertrage nur noch an junge Mutter vergeben.
Studierende Hamburg: Hier wohnen nur Mutter, die studieren
Derzeit leben im Haus 22 Kinder und 17 Studentinnen, acht von ihnen mit Partner. Sie wohnen als Wohngemeinschaften mit ein bis zwei anderen Parteien zusammen – je nach Wohnungsgro?e – und haben dort ihre eigenen „Teilwohnungen“, die aus zwei bis drei Zimmern und einem eigenen Badezimmer bestehen. Mit ihren Mitbewohnerinnen und deren Anhang teilen sie sich Kuche und Flur, nur in wenigen Fallen auch das Bad.
Insgesamt sechs riesige Wohnungen liegen hinter weinrot gestrichenen Turen im Treppenhaus. Das Parterre nutzt eine Kita des Studierendenwerks. Ganz oben, im ausgebauten Dachboden, gibt es einen gro?en Gemeinschaftsraum zum Lernen, Feiern oder andere Zusammenkunfte und daneben den Toberaum fur die Kinder: vor Kurzem erst neu eingerichtet, mit Rutsche, Spiel- und Kletterwand und liebevoll bemalten Wanden.
Wie ist es, mit Kind in einer Wohngemeinschaft zu leben?
Marie Nkemazon und Rosa Rosenbohm sind Haussprecherinnen und wissen uber die Geschichte und die Besonderheiten dieses Projekts bestens Bescheid. Marie lebt hier seit zwei Jahren mit ihrem funfjahrigem Sohn und ihrem Partner. Sie hatten sich schon 2017 ein erstes Mal beworben, waren dann aber skeptisch dem Gedanken gegenuber, in einer Wohngemeinschaft zu leben.
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„Dann haben wir uns das Haus noch mal angeschaut und die Bewohnerinnen kennengelernt – und dachten, es konnte doch passen“, sagt die 28-Jahrige. Rosa ist 2017, bereits schwanger, eingezogen. Sie und ihr Partner hatten keine Bedenken wegen der Wohnform. „Mein Freund ist selber in ahnlichen Verhaltnissen gro? geworden und kennt das Konzept“, sagt die 23-Jahrige, die mittlerweile ein zwei und ein vier Jahre altes Kind hat.
Mitbewohnerinnen werden per Los bestimmt
Die Mitbewohnerinnen werden per Los ausgesucht. Je nachdem, wie gut man sich versteht, wird dann auch mal gegenseitig auf die Kinder aufgepasst. Feste Absprachen gibt es aber auch: „Wir haben einen Putzplan – und bei der Kuchennutzung ist klar festgelegt, welche Seite man benutzt und welche Schranke einem gehoren“, sagt Marie. „Und wenn wir etwas kaufen mochten, wird daruber abgestimmt, was am besten reinpasst.“
Den von allen Kindern genutzten Toberaum unter dem Dach haben die Bewohnerinnen vor einem Jahr renoviert. „Das ist der Spielplatzersatz bei schlechtem Wetter“, sagt Rosa. „Es ist schon, sich dort treffen zu konnen und noch mal aus der eigenen Wohnung rauszukommen.“ Kinderlarm ist weder hier noch im Treppenhaus ein Problem. „Es gibt eine goldene Regel: Kinder durfen Larm machen“, sagt Marie. Und Rosa erganzt lachend: „Wir nennen uns auch liebevoll ,das Krachmacherhaus‘.“
Wohnheim: Acht Euro Warmmiete pro Quadratmeter im Grindelviertel
Wie ublich in Wohnheimen ist auch das Studentinnenhaus selbstverwaltet. Mehrmals im Jahr organisieren die Haussprecherinnen Versammlungen, auf denen die Organisation und das Bezahlen von Feiern oder etwa der Renovierung des Toberaums besprochen werden. Das Geld dafur kommt aus der „Hauskasse“, in die aber nicht die Studentinnen Beitrage zahlen.
Das Geld kommt, einmal pro Semester, vom Studierendenwerk, das das Haus 1997 fur 75 Jahre von der Universitat gemietet hat. Auch die Feier des 50. Jahrestags in der vergangenen Woche wurde aus der Hauskasse bezahlt. Eingeladen waren viele ehemalige Bewohnerinnen, Vertreter aus dem Studierendenwerk – und auch Senatorin Katharina Fegebank war eingeladen. „Aber das war wohl zu kurzfristig“, sagt Marie. „Sie ware aber gerne dabei gewesen.“
Tatsachlich wollten die Haussprecherinnen die Feier auch nutzen, um fur ihr Projekt zu werben. „Das Haus ist recht unbekannt, und wir hatten sogar schon Leerstand“, sagen sie. Warum, konnen sie sich gar nicht vorstellen: Mit 8 Euro Warmmiete pro Quadratmeter ist das Wohnen im uninahen, sehr gefragten Grindelviertel schlie?lich sehr gunstig.